IoT: Wie Versicherungen das Potenzial des Internet of Things für sich nutzen

  • René Schoenauer

December 22, 2022

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Das sogenannte „Internet of Things“ beziehungsweise auf Deutsch Internet der Dinge (IoT), das uns heute im Alltag bereits vielfach begegnet, gilt als wichtigster Innovationstreiber des 21. Jahrhunderts. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie Versicherungen IoT-Daten erfolgreich einsetzen, um ihr Geschäftsmodell neu auszurichten und Kunden gezielt die Versicherungsprodukte anzubieten, die sie haben möchten. Außerdem beantworten wir die Frage, welche Herausforderungen auf dem Weg zum datengetriebenen Versicherungsunternehmen noch zu bewältigen sind.

Die Bedeutung von IoT im Alltag

Gegenstände, die im Alltag über Mikroprozessoren mit dem Internet verbunden sind und dadurch mess- und steuerbar werden, sind bereits seit vielen Jahren Realität. Von der industriellen Produktion über private Haushalte bis hin zum vernetzten Auto - fast überall senden Sensoren heute Informationen über die Umgebung der überwachten Objekte in die Cloud, wo sie analysiert werden.

Dank IoT ist ein Austausch von Daten zwischen physischer und digitaler Welt möglich, ohne dass hierzu menschliches Eingreifen erforderlich wäre. Digitale Systeme können jede Interaktion zwischen vernetzten Objekten aufzeichnen oder Zustände von Objekten überwachen, wie beispielsweise die Temperatur.

Mit der Zahl der vernetzten Geräte wächst auch das Potenzial für IoT-Anwendungen. Hier ein kleiner Überblick:

  • 2020 rechneten Experten mit einem Bestand von 23 Millionen Smart-Home-Komponenten in deutschen Haushalten (Quelle).

  • Bis 2025 soll der Umsatz für Smart-Home-Technologien in Deutschland auf 9,6 Milliarden Euro steigen (Quelle).

  • Der Anteil an vernetzten Autos in der EU wird bis 2025 auf 72 Prozent prognostiziert (Quelle).

Diese gewaltigen Datenmengen bergen für jeden Schadenversicherer die Gelegenheit, das eigene Geschäftsmodell zu revolutionieren. Denn um Risiken und Tarife genau und individuell zu berechnen, ist eine exakte Datengrundlage vonnöten. Nachfolgend zeigen wir einige Einsatzfelder für Versicherungen auf Grundlage der IoT-Technologie.

Einsatzfelder für IoT bei Versicherungen

Das IoT bietet für Versicherungen ein breites Anwendungsspektrum: So können neue Kundenzugänge geschaffen, die Interaktion mit Kunden intensiviert und Schäden gezielt verhindert werden.

Neue Kunden-Touchpoints

Dank IoT haben Versicherungen die Möglichkeit, mehr über die Themen Wohnen, Leben und Verkehr ihrer Kunden zu erfahren, diese so besser zu verstehen und, aufbauend auf diesem Wissen, Produkte und Services anzubieten, die sich in diese Lebenswelten natürlich integrieren. Damit schafft die Versicherung neue Kundenzugänge, was zu einer Intensivierung der Interaktion führt und die Grundlage für eine bedarfsorientierte Geschäftsbeziehung bildet, die beim bisherigen Spartendenken der Assekuranzen nicht gegeben war.

Die Assekuranzen managen nicht nur Risiken und regulieren eingetretene Schäden wie bisher, sie helfen auch aktiv bei der Schadensprävention. So bietet der Versicherer zum Beispiel zusätzlich zu einer Versicherungspolice samt IoT-Gerät auch eine App an, die alle sicherheits- und zustandsrelevanten Aspekte der in einem Haushalt verwendeten Geräte überwacht und im Notfall „Alarm“ gibt. Ein solches Programm hätte für einen Kunden einen deutlich höheren Nutzen als eine App, mit der lediglich Verträge verwaltet oder Schadenmeldungen abgegeben werden können. Anstatt nur als „Risikoversicherer“ nehmen Kunden ihre Versicherungsunternehmenzunehmend als „Risikomanager“ in ihrem Alltag wahr.

Beispiel: Bei einer Smart-Home-Versicherung mit IoT-Komponenten überwacht ein Sensor die Wasserleitung im Haus. Bei einem Leck der Leitung sorgt das System dafür, dass das Wasser automatisch abgestellt und der Kunde via App informiert wird. Da sich so die Wahrscheinlichkeit hoher Schadensummen reduzieren lässt, erhält der Kunde bei Installation des Überwachungsgeräts einen Rabatt auf seine Versicherung.

Innovative neue Produkte

Durch die Nutzung von IoT können Versicherungen ihren Kunden innovative Versicherungsprodukte anbieten, beispielsweise personalisierte und nutzungsbasierte Versicherungsangebote (Usage Based Insurance, UBI). Das bedeutet: Die Policen basieren auf dem Verhalten der Kunden und der individuellen Nutzung des versicherten Objekts. So verkaufen bereits erste KFZ-Assekuranzen sogenannte Telematik-Versicherungen, die auf IoT basieren, zum Beispiel das deutsche Start-up FRIDAY.

Bei „Pay as you drive“-Angeboten werden tarifrelevante Daten hinsichtlich des Fahrverhaltens durch das Fahrzeug des Versicherten in Echtzeit an den Versicherer übermittelt. Regelkonformes Fahren belohnt die Versicherung dabei mit geringeren Prämienzahlungen und Rabatten. Denn wenn sich Versicherungsnehmer im Straßenverkehr vorsichtiger und rücksichtsvoller verhalten, profitiert sie von sinkenden Schadensummen – eine Win-win-Situation. Theoretisch sind solche Tarife durch das Internet of Things auch auf andere Objekte übertragbar. So gibt es bereits Technologien, die feststellen, ob jemand zu Hause ist oder nicht, was wiederum einen Einfluss auf das versicherte Risiko haben kann. Ist jemand nur selten zu Hause, steigt beispielweise das Risiko für Einbrüche oder (unvorhergesehene) Schadenereignisse, so dass die häufige häusliche Abwesenheit bei einer Hausratversicherung mit einer teureren Prämie erkauft werden müsste.

Schadensprävention

Dank der von Autos, vernetzten Gebäuden oder Geräten im Haushalt gesendeten Informationen sind nicht nur neuartige Versicherungsprodukte und neue Kunden-Touchpoints denkbar: Schäden lassen sich dank IoT auch ganz vermeiden. Beispielsweise können Wasser- oder Brandschäden rechtzeitig erkannt oder bevorstehende Anlagenausfälle identifiziert werden. Tritt dennoch ein Schaden ein, liefert das IoT genaue Infos zum Schadenhergang.

Nutzen durch die Anwendung von IoT

Durch den Einsatz von IoT-Lösungen in der Versicherungswirtschaft profitieren sowohl Versicherungsunternehmen als auch Versicherungsnehmer. Hier ein Überblick über die Vorteile:

  • Der proaktive Umgang mit dem Versicherungskunden sorgt für mehr Interaktion und Kundennähe. Die Versicherung wird vom passiven zum aktiven Produkt, der Versicherer ein Risikoberater bzw. -manager, der dabei hilft, Schäden zu verhindern oder sie zumindest in ihrem Ausmaß zu begrenzen.

  • Im Schadenfall erhält die Versicherung zeitnah Daten geliefert, um den Schaden zügig zu regulieren. Durch die schnellere Bearbeitungsdauer steigt die Kundenzufriedenheit. Außerdem: Der Versicherungskunde wird durch eine automatisierte Schadenerstmeldung in einer für ihn emotional belastenden Situation spürbar entlastet.

  • IoT-Daten bieten Versicherungen die Möglichkeit einer präziseren Risikoeinschätzung und Tarifierung, so dass maßgeschneiderte Versicherungsprodukte vertrieben werden können. Davon profitieren beide Seiten: Die Versicherung durch geringere Schadenkosten und der Versicherte durch genauere, meist geringere Prämienzahlungen.

  • Durch IoT gestalten Versicherungen bestehende Workflows effizienter, da der manuelle Aufwand im Schadenmanagement sinkt und die Vertragsbedingungen durch die neue Technologie kostengünstig überprüft werden können. Das ermöglicht die komplette Dunkelverarbeitung von Schadenfällen. So bietet beispielsweise das Startup Parametrix eine vollautomatisierte Versicherung für Betriebsunterbrechungen im IT-Bereich an.

  • Durch die Nutzung von IoT wird aufgrund besserer Datenverfügbarkeit und -analyse die Abdeckung neuer Risiken im Cyber-Security-Bereich ermöglicht.

Herausforderungen durch IoT

Um das riesige Potenzial von IoT durch Versicherungen zu nutzen, sind auf dem Weg in die digitale Versicherungszukunft allerdings noch einige Herausforderungen anzugehen, beispielsweise bei Datenschutz und IT-Systemen.

  • Bietet eine Versicherung ein Produkt inklusive vernetzten Geräten an, stellen sich bei Kunden sogleich Fragen hinsichtlich Datensicherheit und dem Schutz der Privatsphäre: Wie nutzt der Versicherer die IoT-Daten? Werden sie im Schadenfall zu meinen Ungunsten verwendet? Versicherungen müssen die Fragen nach der Nutzung dieser Daten transparent beantworten, um Vertrauen bezüglich der neuen Technologien aufzubauen.

  • Versicherungen benötigen moderne IT-Systeme, um die von den Sensoren gelieferten Daten wertbringend verarbeiten und analysieren zu können. Aus den gesammelten, enormen Datenmengen lassen sich mittels künstlicher Intelligenz („Big Data“) entscheidungsrelevante Informationen ableiten. Außerdem sind ausreichend Rechenkapazitäten und Schnittstellen bereitzustellen.

  • Durch IoT besteht das Risiko, dass Versicherungen den direkten Zugang zum Kunden an innovative Tech-Unternehmen und Insurtechs verlieren, die Kunden neue innovative Produkte und Tarife verkaufen. So bietet Tesla seinen Autokäufern zusätzlich eine maßgeschneiderte Versicherung an.

Guidewire: Marktplatz und leistungsfähige Daten-Plattform für IoT-Lösungen

Nutzer der Guidewire Versicherungssoftware entdecken auf dem Marketplace zahlreiche Value Added Services, um den Mehrwert für Kunden von Versicherungen zu erhöhen. Auch Telematik-Lösungen, die sich einfach in die Guidewire InsuranceSuite integrieren lassen, sind Bestandteil des Angebots. Innerhalb kürzester Zeit kann ein Versicherungsunternehmen so das Potenzial eines Telematik-Programms für seine Kunden ausschöpfen und profitiert zudem von zahlreichen Auswertungsmöglichkeiten. Außerdem: Die Lösungen sind fertig integriert und auch durch Guidewire kuratiert sowie durch die Kunden-Community erfolgreich erprobt. So verbessern Versicherer dank IoT Kundenservice, -interaktion, -bindung und -loyalität.

Die Guidewire Data Platform, die in das Kernsystem integriert ist, bietet Versicherungen zahlreiche Vorteile, um IoT-basierte Geschäftsmodelle für die Versicherungsbranche zu entwickeln:

  • Aufnahme und Verarbeitung von Daten in hohem Maße

  • Kombination mit anderen, bestehenden Datenquellen

  • Ganzheitliche Analyse und Aufdeckung von Potenzialen

  • Einbindung aller Daten und Erkenntnisse in die operationalen Workflows

Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse können für

  • Tarifierung,

  • Produktanpassung,

  • Risikoevaluierung und

  • Automatisierung

genutzt werden, um passgenauere Produkte zu entwickeln und die Customer Experience zu erhöhen.

Die Daten-Plattform erfasst alle Daten der Guidewire InsuranceSuite in Echtzeit und reichert diese mit einer Vielzahl an technischen und verhaltensbezogenen Daten aus externen Quellen an (Data Intake). Im zweiten Schritt erfolgt die Vorbereitung dieser Daten für die analytische Nutzung (Data Management). Schließlich liefert die Plattform Erkenntnisse zu Risiken und viele weitere relevante Informationen für das eigene Business.

Versicherungen & IoT – ein Erfolgsmodell für die Zukunft

Der Versicherungsmarkt für IoT-Lösungen soll von 2019 bis 2024 voraussichtlich um 60 Prozent wachsen. Das Internet der Dinge unterstützt Versicherer, ihre Risiken exakt zu kalkulieren und entstandene Schäden schnell abzuwickeln. Es hilft weiterhin dabei, Schäden zu reduzieren oder ganz zu vermeiden und mit personalisierten Tarifen eine größere Kundenzufriedenheit herzustellen. Versicherungen kommen nicht umhin, sich intensiver als bisher mit dem Thema IoT zu beschäftigen, wenn sie es mit der Digitalisierung ernst meinen und nicht durch innovative Tech-Unternehmen und Insurtechs in der Entwicklung abgehängt werden wollen.

Möchten auch Sie das Potenzial von IoT-Anwendungen nutzen? Dann lassen Sie sich von unseren Experten beraten!

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